Glücklich sein oder doch lieber zufrieden? Ein Essay über das Streben nach Glück und Zufriedenheit

„Bist du für deine Arbeit bezahlt worden? – Ich bin zufrieden!“

Diesen Dialog werden viele Brüder kennen, die regelmäßig an den Arbeiten ihrer Loge teilnehmen. Der Aufseher beantwortet dem Meister die Frage nach seiner Bezahlung mit den Worten „zufrieden“.

Aber gerade in unserer heutigen Zeit streben die Menschen eher nach Glück und dem Gefühl glücklich zu sein. Hollywood lebt es uns vor, happy endings und andauerndes Glücksgefühl. Man wünscht sich gegenseitig Glück und Menschen erleben den „glücklichsten Tag ihres Lebens“ während ihrer Hochzeit. Selbst in den Comics (Donald Duck und Gustav Gans) wird uns schon das Streben nach dem Glück vorgelebt.

Trotzdem wirken viele Menschen unzufrieden. Dabei muss man sich vor Augen führen, dass Glück und Zufriedenheit sind nicht dasselbe sind!

Über Glück

Glück und glücklich sein ist eher ein flüchtiges Gefühl. Ein kurzfristiger Zustand, ein Hochgefühl. Natürlich freut es uns, wenn wir dieses Gefühl erleben, es durchdringt uns wie eine Droge und lässt uns hoch fühlen.

Über das Glück oder das Streben danach gibt es in der Literatur unzählige Bücher, es gibt Filme und ebenso häufig wird Glück in Liedern und Gedichten zum Gegenstand gemacht. Es gibt Kurse, in denen einem beigebracht werden soll, wie man das Glück findet, es gibt Ratgeber und auch Reisen ins Glück.

Scheinbar sucht jeder Mensch danach und wird oftmals nicht fündig.  Es scheint so schwierig zu sein, das Glück zu finden. Fast schon schlimmer als Gold zu schürfen. Aber vielleicht ist auch Glück das falsche Ziel, nachdem alle Welt sucht. Muss man denn immer und überall glücklich sein? Ist Glück etwas Unerreichbares geworden? Und setzen wir uns nicht viel zu sehr unter Druck, es erreichen zu müssen?

„Ich bin zufrieden“

Diese drei kleinen Worte sagen schon alles aus. Man ist mit dem was man hat, was man erreicht hat und besitzt zufrieden und ausgeglichen

Zwar wird einem das „glückliche Leben“ oft und fast schon überall angepriesen, aber wir setzen uns damit schon selbst unter Druck. Wir wollen mithalten, mit den anderen Menschen auf der gleichen Erfolgswelle schwimmen, und versteifen uns oft bei der Suche nach dem Glück. Sollten wir nicht „glücklich sein“ so setzen wir uns selbst einem gewissen Stress aus und setzen uns unter Druck. Doch dieser kann wenig gesundheitsfördernd sein. Dass aber diese krampfhafte Suche nach dem Glück nicht zufriedenstellend ist, versteht sich von selbst. Doch wir Menschen könnten so viel ausgeglichener werden, wenn wir die Ziele und Vorstellungen neu überdenken.

Das Ziel – die Zufriedenheit

Das eigentliche Ziel, wonach wir alle streben klingt vom Wortlaut eher wenig erstrebenswert. Zufriedenheit oder zufrieden sein.

Wir wollen immer höher hinaus, immer noch etwas Besseres, immer noch mehr. Dabei mag man zwischenzeitig durchaus glücklich sein. Momente des Glücks gibt es immer wieder in unserem Alltag. Doch etwas anderes bleibt dabei völlig auf der Strecke: Die Zufriedenheit.

Sichtweise der Zufriedenheit

Nicht immer sehen wir Menschen die Zufriedenheit oder vielmehr das Gefühl des „zufrieden seins“ aus dem gleichen Blickwinkel. Abhängig von den Lebensumständen kann das gleiche Ereignis unterschiedlich betrachtet werden.

Wir leben in einem der reichsten Länder dieser Welt, haben eine hohe Kaufkraft und können uns materielle Wünsche oftmals leicht erfüllen. Auf die mehrfach vor Geburtstagen oder Festen gestellte Frage: „Was wünscht du dir?“, wird oftmals nur ein kurzes „Nichts“ geantwortet. Und obwohl wir uns fast alles kaufen können, was unser Herz begehrt (je nach dem eigenen Budget), jagen wir dem Glück immer und immer weiter hinterher.

Aber betrachten wir einmal eine simple Scheibe Brot. Für einen hungernden Menschen mag diese Scheibe schon einen persönlichen Glücksmoment darstellen und für uns wahrscheinlich nicht mal ein Gefühl der Zufriedenheit. Oder auch der Faktor Gesundheit kann unterschiedlich betrachtet werden. Wir gehen zum Arzt, haben eine Krankenversicherung und können ohne uns zu Verschulden ärztlich behandelt werden. In Ländern der 3. Welt sterben heute noch Menschen an für uns scheinbare Kleinigkeiten wie Tuberkulose und Malaria. Selbst ein Arm- oder Beinbruch ist für uns wenig existenzbedrohend. Wir streben nach den neuesten Mobiltelefonen, neuesten Autos und andere Menschen würden sich mehr als „glücklich“ fühlen, überhaut eines zu besitzen.

Glück und Zufriedenheit scheinen unterschiedlich bewertet zu werden, je nachdem wo man her ist und welche Möglichkeiten man hat.

World Happiness Report

Eigentlich müssten wir doch sehr viel zufriedener sein, denn kaum ein Wunsch bleibt uns verschlossen. Die Möglichkeiten scheinen schier unbegrenzt.

Dennoch ist Deutschland im “World Happiness Report 2018” der UNO (http://worldhappiness.report/) (https://s3.amazonaws.com/happiness-report/2018/WHR_web.pdf) nur auf Platz 15 hinter weiteren europäischen Ländern wie die Niederlande, der Schweiz oder auch Finnland, welches sich auf Platz 1 befindet. Betrachtet man die Entwicklung über die letzten Jahre, so muss man doch feststellen, dass wir Deutschen uns von Platz 26 stetig nach oben gearbeitet haben.

Hierbei werden verschiedenste Faktoren aufgenommen, betrachtet und ausgewertet. Schwerpunkt liegt dabei auf:

  • Der Bewertung des eigenen Lebens
  • Dem Vorhandensein positiver Emotionen (Freude, Stolz)
  • Dem Vorhandensein negativer Emotionen (Schmerz, Zorn, Sorgen)

Bemerkenswert ist jedoch das Ranking der Länder unmittelbar um unseren Platz 15. Israel, ein Land, welches gezeichnet ist von Anschlägen, Terrorismus und Kriegen, steht dennoch auf Platz 11.

Selbst unsere Nachbarn wie die Schweiz (auf Platz 5) oder Österreich (Platz 12), von denen wir immer annehmen, dass wir so viel gemeinsam haben, liegen (deutlich) vor uns in der Bewertung. Doch was unterscheidet uns denn so sehr von unseren Nachbarn? Uns Deutschen wird immer die Tugend angedichtet, dass wir strebsam sind und in der Arbeitswelt klare Ziele und Regeln haben. Aber setzen wir uns damit nicht schon zu sehr selbst unter Druck? Oder engen wir uns womöglich sogar ein? Streben wir nach dem Erfolg, und zwar vermehrt nach dem finanziellen und materiellen Erfolg, und lassen wir dabei leider auch Wichtiges für uns selbst, für uns als Mensch, auf dem Weg liegen? Warum kann ein Land wie Israel vor uns Deutschen liegen? Natürlich sollten wir uns selbst nicht für zu wichtig nehmen, aber der Vergleich zeigt dennoch, dass wir hier ein Defizit im Empfinden unserer Mitmenschen haben. Wohlstand allein scheint es nicht zu sein.

Das Streben nach „Mehr“

Wir Menschen haben den Drang nach „Mehr“ zu streben. Mehr materielle Dinge (nicht nur Geld), mehr Erfolg, mehr Anerkennung und auch mehr Glück. Aber das verbindet uns auch mit einem Mehr an Leistung und Investition.

Das Streben nach Glück führt dazu, dass es uns immer schwerer fällt, zufrieden zu sein. Wohlstand macht uns nicht glücklich, weil wir nie völlig zufrieden sind. Immer wollen wir etwas Besseres oder höhere Ziele erreichen. Schon seit dem Kindesalter werden wir zu Konsumenten erzogen. Wir nutzen Produkte nicht bis wir sie aufgebraucht haben oder sie beschädigt sind, sondern oftmals nur, bis ein neues Modell auf dem Markt ist. Die „guten alten Dinge“ suchen wir in kleinen Manufakturen und müssen oftmals neu lernen, den Wert der Dinge zu schätzen. Wir lernen neu, uns gegen die Wegwerfgesellschaft zu stellen und Dinge wertzuschätzen, ja mit ihnen zufrieden zu sein.

Aber diese Entwicklung geht noch deutlich weiter, es beschränkt sich nicht nur auf Konsumgüter. Die Kommunikationsmöglichkeiten, Plattformen und Börsen im Internet machen es möglich, sich die Frage zu stellen, ob es „nicht noch irgendwo einen Partner oder eine Partnerin gibt, die besser zu mir passt als die/der Jetzige. Macht mich ein anderer Mensch noch glücklicher als der Jetzige?“ Dabei setzen wir weniger auf langfristige Bindungen und Ehe, als auf kurzfristigere Beziehungen. Plattformen für Casual Dating boomen und gelten inzwischen als gesellschaftlich anerkannt. Immer mehr Singles leben in Deutschland, anstatt Pärchen. Wir haben es in den letzten Jahren daher vermehrt verlernt, an Beziehungen zu arbeiten und die Liebe über längere Zeiträume zu retten. Vielmehr suchen wir auch hier die glücklichen Momente der ersten Tage, das bekannte „Kribbeln oder Schmetterlinge im Bauch“ und wollen die rosa Brille nicht ablegen. Aber was wir gern ablegen ist der Mensch, der uns begleitet hat und arbeiten zu wenig an Beziehungen. Ja, es ist sehr schwer, das Gefühl, die Flamme am Brennen zu halten, aber wenn man sich bemüht und auf das eigentliche Ziel besinnt, dann lebt man gern und gut in einer harmonischen oder zufriedenen Beziehung.

Glück gegen Zufriedenheit

Glück ist eben nicht das gleiche wie Zufriedenheit. Oftmals stehen sie sich sogar gegenseitig im Wege. Die andauernde Suche nach dem Glück, nach dem Besseren und dem „Mehr-Haben“, diese innere Unruhe verhindert ein gewisses Maß an Ruhe und Ausgeglichenheit.

Doch muss man sich auch die Frage stellen, wann man denn eigentlich „zufrieden“ ist. Und wenn man unglücklich ist, ist man dann auch unzufrieden?

Ein glücklicher Zustand ist eine sehr kurze Momentaufnahme, zeitlich begrenzt und in einer bestimmten Situation. Die Momente können unterschiedlicher nicht sein und sind so individuell wie wir Menschen selbst. Für den Einen ist es das absolute Glücksgefühl, einen geliebten Menschen zu sehen, eine andere Person erfreut sich am wunderschönen Sonnenuntergang und eine weitere Person empfindet schon Glücksgefühle beim Essen einer leckeren Speise. Oder aber die Verleihung eines Preises oder einer Auszeichnung, der Sieg bei einem Wettkampf, die Geburt des Kindes, usw. usw.

Was wir aber bei all den Beispielen feststellen (die Liste lässt sich beliebig erweitern) ist die Tatsache, dass sie zeitlich begrenzt sind und wieder vorbei gehen. Der Moment macht uns glücklich, ist jedoch nicht von Dauer. Natürlich ist der eine Moment länger als ein anderer, aber alle haben ein Ende. Dabei muss man sich gar nicht kontinuierlich glücklich fühlen, wenn man zufrieden ist.

Betrachten wir jedoch die Zufriedenheit, so sieht es hier anders aus. Der Mensch ist innerlich ausgeglichen. Man möchte schon fast sagen, dass er in sich selbst ruht. Man strebt nicht nach weiterem, man ist mit dem einverstanden, was man hat und was mit einem passiert. Die Umstände werden akzeptiert und nicht hinterfragt. „Man findet sich ab“ und akzeptiert die Umstände und Situationen.

Aber wie geht man mit dem Unglücklich sein um?

Traurig und unglücklich sein

Glücklicherweise (ahhh, ein Wortspiel) ist ebenso wie das Glück auch das unglücklich sein zeitlich begrenzt. Dass dies so der Fall ist, ist vor allem für die menschliche Psyche unabdingbar. Es können Emotionen auftreten, die uns Menschen zerbrechen lassen, wie den Verlust eines geliebten Menschen. Man darf diese negativen Emotionen nicht verdrängen, sondern sollte sie zulassen und sie aufarbeiten, um dann letztendlich damit abschließen zu können. Wie lange solch ein Prozess andauert, hängt vor allem von der physischen und psychischen Verfassung des einzelnen Individuums ab. Wir Menschen können native Ereignisse und Emotionen nicht vermeiden. Sie passieren einfach und treffen uns oftmals unvorbereitet. Aber wir müssen eben lernen, damit umzugehen und damit zu leben, um unser eigenes Wohlbefinden nicht aus dem Auge zu verlieren.

Zum Heilungsprozess und Prozess der Aufarbeitung gehört das Zulassen von Schmerzen, von Trauern und auch das Zulassen des Weinens. Was man jedoch nicht vergessen sollte ist, dass man sich nicht in der Trauer verliert, denn sonst kann sie sehr schnell zu einer Unzufriedenheit werden und damit die Psyche dauerhaft beschädigen.

Man muss es zulassen, dass man auch einmal schlechte Tage hat, denn diese lassen sich nicht vermeiden und wir können auch nicht immer nur gut drauf sein. Den schlechten Tag zulassen, sich evtl. daheim einkuscheln oder weinen. Der ein oder andere mag ggf. in den Wald gehen und alles laut herausschreien. Oder sich im Sport (oder was einen sonst ablenkt) ereifern. Wie diese Stressbewältigung und damit die Zurückführung zu einem „zufriedenen Zustand“ gelingt, muss jeder für sich selbst herausfinden, auch wenn dies ggf. eine aufwändige Reise in das eigene Ich bedeutet. Aber eines haben diese trüben Momente gemeinsam: sie gehen vorbei! Und sie sagen vor allem nichts darüber aus, wie zufrieden Du mit Dir und Deinem Leben selbst bist, noch wie lebenswert es ist.

Wonach streben wir also?

Nach einem Gefühl der inneren Zufriedenheit! Punkt und kurz gesagt. Wir müssen uns das Ziel setzen, einen dauerhaften Zustand zu erreichen und nicht immer dem „Mehr“ hinterherzujagen und dabei andere wichtige Dinge in unserem Leben zu vernachlässigen. Wie aber lernen wir, wieder zufriedener zu sein? Das Gefühl der Zufriedenheit ist ein inneres Gefühl und muss von einem selbst kommen. Hier kommt einem wieder die Arbeit am rauen Stein in den Sinn und die Werkzeuge, die einem die Freimaurerei in die Hand legt. Man muss an sich arbeiten und vor allem lernen, sich so zu akzeptieren, wie man ist. Man muss seine Ecken und Kanten erkennen, seine Stärken und Schwächen und lernen an und mit ihnen zu arbeiten. Nicht jede Kante muss abgeschlagen werden.

Sich selbst wertzuschätzen und das, was man hat und vor allem erreicht hat, helfen einem sehr, zufrieden zu sein. Nicht neidisch auf den anderen neben uns zu sein. Ziele muss man jedoch haben, aber das innere Gefühl des „Ich bin mit mir und meinem Leben zufrieden“ sollte ein erstrebenswertes Gut sein.

Was aber wenn man mit etwas unzufrieden ist? Dann sollte man diesen Zustand aktiv angehen. Nicht aussitzen oder warten bis es sich von außen bessert. Das kann durchaus auch mal passieren, aber ist es nicht so viel besser, wenn man selbst die Zügel seines Lebens in der Hand hat? Wenn man selbst verantwortlich ist? Ja, das mag durchaus eine gewisse Verantwortung mit sich bringen, aber nur so kann man sein Leben auch selbst bestimmen.

Zudem kommt noch, dass man andere akzeptieren sollte, wie sie sind. Das Wirken in der Gesellschaft und der Blick um einen selbst. Versuche daher nicht, an dem Stein eines anderen aktiv zu arbeiten. Aber wir können anderen helfen, sich selbst zu erkennen.

Wenn wir dies alles beherzigen, dann werden wir eine langsame Verbesserung der Inneren Ruhe und der Zufriedenheit beobachten. Wenn also somit die Basis des eigenen Lebens die Zufriedenheit ist, so wird man sich häufiger glücklich fühlen, sich über etwas freuen können und es erlauben, die Emotionen zu haben, für die es gerade Zeit ist.

Also wo ist das Glück? – ein Fazit

Einige werden also sagen, dass das Glück ganz von alleine zu einem kommen wird, sobald man den Zustand der Zufriedenheit erreicht hat…

In einer Weihnachtskarte meiner Mutter stand letztens geschrieben: „ich hoffe, Du bist nun glücklich“. Bin ich das? In einigen Momenten sicherlich. Aber beim Nachdenken über diese Zeilen muss ich auch sagen, dass wir uns oftmals selbst im Weg stehen.

Ich möchte niemanden das Streben nach dem Glück ausreden. Das kann jeder Mensch für sich allein entscheiden. Aber ich möchte Euch ans Herz legen, etwas mehr beständiger und damit auch zufriedener zu werden. Manches, wie die Arbeit an der eigenen Beziehung, mag mit Arbeit verbunden sein, aber es lohnt sich oft, diese Zeit zu investieren um ein gleichmäßig ausgeglichenes Maß an Zufriedenheit zu erreichen und nicht immer dem Glück hinterherzulaufen.

Wir arbeiten an uns, an unserem rauen Stein und sollten schon seit frühesten Tagen der Freimaurerei wissen, wie wichtig Zufriedenheit ist.

In diesem Sinne wünsche ich euch alles Glück der Welt…

 


René Schon im Juni 2019

 

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