„Wer keine Angst vorm Teufel hat – Braucht auch keinen Gott“ – Der Atheist

Ich stelle in letzter Zeit eine immer wiederkehrende Diskussion in den sozialen Netzwerken fest. Dabei kommt es vor, dass sich selbst Brüder Freimaurer mit ihren Kommentaren und Aussagen oft gegenseitig verletzen oder anzweifeln, wer denn „regulär“ ist und wer nicht.

Die Diskussion geht um die Frage: Können Atheisten Freimaurer sein?

Ich möchte gerne die Antwort vorwegnehmen: Ja, können sie und auch sehr gute, denn ich durfte einige der Brüder auch kennenlernen oder/und bin mit ihnen befreundet. Und warum sollte ein Bruder, der Atheist ist, auch ein „schlechterer“ oder gar „irregulärer“ Bruder sein?

Die Alten Pflichten als Grundlage

In den alten Pflichten von Anderson heißt es:

„Von Gott und der Religion: Der Maurer ist durch seinen Beruf verbunden, dem Sittengesetz zu gehorchen, und wenn er seine Kunst recht versteht, wird er weder ein Atheist aus Einfalt noch ein religionsfeindlicher Wüstling sein. Aber obgleich in alten Zeiten die Maurer verpflichtet waren, in jedem Lande von der jeweiligen Religion des Landes oder der Nation zu sein, so hält man doch jetzt für ratsam, sie bloß zu der Religion zu verpflichten, in welcher alle Menschen übereinstimmen und jedem seine besondere Meinung zu lassen, das heißt, sie sollen gute und wahrhafte Männer sein, Männer von Ehre und Rechtschaffenheit, durch was für Sekten und Glaubensmeinungen sie auch sonst sich unterscheiden mögen. Hierdurch wird die Maurerei ein Mittelpunkt der Vereinigung und ein Mittel, treue Freundschaft unter Personen zu stiften, welche sonst in ständiger Entfernung voneinander hätten bleiben müssen.“

Hieraus entnehmen wir klar, dass Freimaurerei keine Religion ist, noch eine Festlegung auf eine besondere Religion fordert. Es legt aber auch klar fest, dass es um Wahrhaftigkeit, Ehre, Rechtschaffenheit und Freundschaft geht. Also immer noch nichts, was einen Atheisten nun ausschließen würde. Und wenn wir uns den Satz „Atheist aus Einfalt“ betrachten, schließt auch dies keinen Atheisten aus, auch wenn es auf den ersten Blick so scheinen mag. Denn der heutige Atheist hat sich sicherlich bewusst für diesen Schritt entschieden. Im Zeitalter der Wissenschaft und Aufklärung ist die Religion von diesen Bewegungen verdrängt worden. So auch in der modernen Freimaurerei mit seinen diversen Reform-Großlogen im frühen 20. Jahrhundert (z.B. F.z.a.S, oder Zur Sonne). Hier wurden die Dogmen der Religionen ausgeschlossen und verdrängt.

Religion in der alle Menschen übereinstimmen

Anderson sagt auch, dass der Freimaurer zu der Religion verpflichtet sei, in der alle Menschen übereinstimmen, nämlich der Ehre, Rechtschaffenheit und Freundschaft. Und dies ohne einen Verweis auf eine Konfession. Somit kann auch der Atheist ein vollwertiger Bruder sein. Gerade deshalb ist es heutzutage mehr als unangebracht ihn als „irregulär“ zu betrachten. Denn würde man der Argumentation dieser Brüder Glauben schenken (Zitat: „steht ja so bei Anderson, kein Atheist aus Einfalt“), so müsste man im Umkehrschluss ebenso sagen, dass es sich bei diesen Brüdern ebenso um irreguläre Brüder handelt, da sie sich ja an einer Religion, oder an einer Glaubensrichtung ausrichten. Und wiederum zu beweisen, dass dies die Religion ist, in der alle Menschen gleich sind, scheint eher unmöglich.

Daher scheint ein gegenseitiger Fingerzeig ebenso unangebracht wie eine andauernde Diskussion über die „wahre Freimaurerei“. Diese hat es nicht gegeben und wird es nicht geben. Aber es hat immer Brüder gegeben, die sich für die 5 Säulen der Freimaurerei eingesetzt haben. Den Kern der Freimaurerei machen Gleichheit, Toleranz, Freiheit, Humanität und Brüderlichkeit aus. Und auch hier kann man schnell erkennen, dass keine Religion im Spiel ist.

Warum also sollte ein Bruder, der bekennender Atheist ist und sich zu den 5 Grundsätzen der Maurer bekennt kein regulärer Bruder sein? Ich kann dies nicht erkennen. Er lebt nach den Grundlagen und achtet diese. Daher für mich ein Bruder wie jeder andere.

Baumeister für Atheisten?

Aber stellen wir uns kurz die Frage wie ein Freimaurer, der bekennender Atheist ist, mit dem Symbol des ABAW umgeht. Nun ja, der Baumeister kommt in den meisten Ritualen vor, aber es gibt auch Ausnahmen. In einigen wird das Symbol des ABAW mit keinem Wort mehr erwähnt. Aber das schwächt diese Rituale und die Arbeiten damit keinesfalls ab. Sie sind dennoch gleich tragend. Wenn nun ein Atheist eine christlich geprägte Loge besucht, dann kann er entweder an seiner Toleranz arbeiten und über dieses Sinnbild nachdenken, oder aber er kann auch das Symbol des Baumeisters anderweitig füllen. Ein Bruder, der sich der Wissenschaft verschrieben hat, sagte mir einmal, dass für ihn die Gravitation die treibende Kraft im Universum sei, die alles festhält und kontrolliert. Ein anderer sagte mir, dass für ihn die Liebe und die Liebe zum Mitmenschen das wichtigste und allumfassendste ist. Mancher setze für den ABAW sinnbildlich den jeweiligen Gott aus ihren Konfessionen und Religionen. Ich konnte mich mit den Gedanken und der Begründung aller Brüder anfreunden. Und alles waren reguläre Brüder…

Einheit in der Vielfalt

Unter der VGLvD, der Vereinten Großloge, sind die vielen Ausrichtungen und Ausprägungen der regulären Freimaurerei zusammengefasst. Hier findet sicherlich jeder Bruder oder interessierte Suchende eine passende Bauhütte. Fast wie der sprichwörtliche Deckel den Topf. In wie fern eine solche Institution und Großloge sinnvoll ist, darüber möchte ich nicht urteilen, da dies bereits andere getan haben. Aber es zeigt einen Weg auf, was alles reguläre Freimaurerei ist, dass man sich gegenseitig besuchen und an den Arbeiten teilnehmen kann, dass man auch gemeinsame Ziele hat.

Man sagt ja auch, eine Loge ist eine Gruppierung von Ungleichen. Und so ist es in der nächst höheren Gruppierung auch…Warum sollte eine Großloge hier anders sein. Auch hier haben wir so viele unterschiedliche Brüder. Aber wir sollten nicht vergessen, dass wir uns dies bewusst ausgesucht haben als wir den Schritt gegangen sind und Freimaurer wurden.

Im Ritual hören wir immer, dass wir gemeinsam am Tempel der Humanität arbeiten. Und dann sollten wir mal zuhören und dies auch tun und uns nicht in Netzwerken die Zeit damit vertreiben, am Stein des anderen zu arbeiten und ihm unsere persönliche Sicht der Freimaurerei aufzudrücken. Somit bliebt mir nichts weiter zu sagen, als dass ich gerne meine Zeit mit den Brüdern weiterhin verbringe, die überzeugte Atheisten (mein Bruder Alex) sind, gläubige Menschen wie mein Freund und Bruder Hagen oder auch Menschen, die „nur“ dem christlichen Glauben verbunden sind. Ich sehe alle diese Brüder als gleichberechtigte Freimaurer an und reiche jedem gern die Hand. Auch wenn ich aus einer Reformloge abstamme.

Ich schätze sehr die Zeit mich euch allen. Wenn wir uns treffen, reden und Gedanken austauschen…Eben weil uns ein Gedanke und 5 Werte und Normen miteinander verbinden…ein Hoch auf uns!

…und bewährt Euch als Freimaurer!

aylan

Geht nun zurück in die Welt, meine Brüder,
und bewährt Euch als Freimaurer!
Wehret dem Unrecht, wo es sich zeigt,
kehrt niemals der Not und dem Elend den
Rücken, seid wachsam auf Euch selbst!

Das Bild des kleinen toten Jungen Aylan aus Syrien ist in den letzten Tagen rund um die Welt gegangen. Das 3-jährige Kind war auf der Flucht vor dem Krieg in seiner Heimat auf dem Weg nach Europa. Leider sind Bilder von Flüchtlingen und Toten schon fast alltäglich geworden. Und leider lassen wir auch zu, dass wir trotz Flotten an Schiffen und Hubschraubern noch immer Flüchtlinge ums Leben kommen. Und gerade die Schwächsten trifft es am meisten.

Wenn Empathie eine der Meistertugenden ist, dann sollte dieses Bild einem ins Herzen treffen. Ich hoffe, dass es eine Mahnung an uns alle darstellt und dass dieses Kind, stellvertretend für viele andere, nicht umsonst gestorben ist.

Ich habe diesen Blog-Eintrag eröffnet mit den Worten, die jeder Freimaurer kennen sollte. Gerade startet das neue Maurerjahr und ich würde mir wünschen, dass sich der ein oder andere Bruder wieder dieser Worte bewusst wird. Wir haben einen Eid abgelegt, uns für die Humanität einzusetzen und das vor unseren Brüdern in der Loge bezeugt. Nun müssen wir den Worten auch die nötigen Taten folgen lassen.
Uns allen sollte bewusstwerden, wie viel Glück wir haben, dass wir in einem Land geboren wurden, in dem Frieden und Meinungsfreiheit herrscht. Der ein oder andere wird sich sicherlich noch an die Not während der (Nach-)Kriegstage erinnern. Daher sollten wir uns der nötigen Hilfe nicht verschließen.

Humanität sollte nicht nur ein Wort auf dem Papier sein, Humanität soll und muss gelebt werden. Daher würde es mich freuen, wenn es mehr Brüder geben würde, die der Not und dem Elend nicht den Rücken zukehren und sich aktiv engagieren. Tipps und Ansprechpartner findet man in jeder Stadt. Einfach mal auf die Leute zugehen…

Die neue Ausgabe der Humanität – Danke an Hans-Hermann Höhmann

Ich möchte auf diese Art und Weise mich bei meinem Bruder Hans-Hermann Höhmann und seine Erwähnung meines Blogs in der neuesten Ausgabe der Humanität bedanken. In dem Artikel „Freimaurerei im digitalen Zeitalter: Chancen, Gefahren, Herausforderungen“ fand der Redner der GL AFuAM ein paar lobende Worte über diesen Blog und die Mediathek. Ich möchte mich für die neuen Leser bei Hans-Hermann bedanken und hiermit alle auf dieser Seite willkommen heißen.

In den kommenden Wochen werden wieder neue digitalisierte Dokumente des F.z.a.S dazukommen (Sonnenstrahlen und das neue Freimaurertum von 1926, 1929, 1930). Zukünftig sollen auch noch Vorträge und Gedanken von Fremdautoren mit auf dieser Plattform einfließen. Etwas Geduld bitte…

Die Optik der Webseite wurde aktualisiert und neugestaltet. Dies soll vor allem dem Lesern mit Kontrastschwäche helfen, da die vormals graue Schrift für einige Leser nicht so leicht zu lesen war. Ich hoffe es geht nun deutlich besser.

Auf ein neues Maurerjahr….euer René