Nur mal rein hypothetisch…

Von Gott und Religion – aus den „Alten Pflichten“ von Br. James Anderson 1723:

„Ein Maurer ist durch seine innere Haltung verpflichtet, das Moralgesetz zu befolgen; und wenn er die Kunst recht versteht, wird er niemals ein einfältiger Atheist sein, noch ein irreligiöser Freigeist. Aber obwohl in alten Zeiten die Maurer in jedem Lande verpflichtet waren, von der Religion dieses Landes oder Volkes zu sein, welche auch immer es sein mochte, so hält man es jetzt doch für sinnvoller, sie nur der Religion zu verpflichten, in der alle Menschen übereinstimmen, ihre eigenen Meinungen aber ihnen selbst zu überlassen; das heißt, gute und redliche Männer zu sein, Männer von Ehre und Rechtschaffenheit, durch welche Glaubensbekenntnisse oder -anschauungen sie auch unterschieden sein mögen, wodurch die Maurerei der Mittelpunkt der Einigkeit und zum Werkzeug wird, treue Freundschaft unter Menschen zu stiften, die sonst in steter Entfernung von einander hätten bleiben müssen.“

Richten wir doch einmal unser Augenmerk auf die Stelle, in der Anderson sagt, dass alle Menschen nur der Religion verpflichtet sind, in der alle Menschen übereinstimmen. Nun lassen wir mal den hypothetischen Ideen freien Lauf:

1723 war ein Jahr in dem es für jeden freien Menschen unmöglich gewesen wäre, die Existenz Gottes zu verleugnen. Derjenige würde als Ketzer gelten und schnell von der Kirche bestraft werden. Was wäre aber, wenn uns genau das Anderson sagen wollte mit seinem so oft zitierten Satz? Er beschreibt, dass der Mensch der Religion verpflichtet ist, in der alle Menschen gleich sind. Faktisch wusste aber schon Anderson, dass es so eine Religion nicht gibt. Zu viele unterschiedliche Religionen mit dem Anspruch die einzig wahre zu sein gab es schon im 17. Jahrhundert. Was ist aber, wenn er uns mitteilen wollte, dass die Menschheit dem Atheismus verpflichtet ist, wenn das die Grundlage für eine gemeinsame neue Gesellschaft wäre, in der alle Menschen gleich wären ohne Stand, Ansehen und Religion? Wie würde dies ein Pfarrer (Anderson war Reverend seiner Gemeinde) formulieren, ohne dass er sich selbst diskreditieren würde?

Nun mag sofort der ein oder andere wieder einwenden und den einleitenden Satz („…wird er niemals ein einfältiger Atheist sein, noch ein irreligiöser Freigeist“) als Argument gegen den Atheismus bringen. Wenn wir uns aber den Satz einmal genau anschauen, so sehen wir, dass es nicht um den Atheismus per se geht, sondern um den „einfältigen Atheisten“. Denken wir hier einen Moment weiter und interpretieren neu. Derjenige, der sich aus freien Stücken für den Atheismus entscheidet, weil er weiß, dass es keine Religion und keine Gottheit gibt, die alle Menschen vereint, sondern nur eine rein humanitäre Ausrichtung der Gesellschaft, der ist weder einfältig noch ein irreligiöser Freigeist. Nein, er ist alleine Humanist und das wiederum setzt auch als Freimaurer eine Religion voraus.

Natürlich ist das nur rein hypothetisch, unbewiesen, und nur wenn man zwischen den Zeilen lesen möchte und die Worte neu interpretiert. Aber ein reizvoller Gedanke…und eine Möglichkeit solche Gedanken im 17. Jahrhundert zu teilen…aber bitte beachtet: alles fiktiv und ohne Beweiskraft. Eben nur ein Gedanke…

 

Lass uns leben…

„Bitte sei doch nicht gekränkt,
dass ich mir nicht mein Hirn verrenk.
Was nun morgen wird aus uns?
Scheißegal.
Komm lass uns leben!
Lass uns leben!
Lass uns leben immer mehr!
Komm lass uns leben!
Lass uns leben!
Das Leben ist gar nicht so schwer.“

Aus „Lass uns Leben“ von Marius Müller-Westernhagen

Stehen bleiben in dieser umtriebigen Zeit…einfach einmal Durchatmen…das Leben genießen…bewusst zu leben. Durch ein paar Zeilen des Liedes „Lass uns Leben“ kamen mir ein paar Gedanken zum Leben selbst, die ich mit euch teilen möchte.

Wir gehen arbeiten, nach Feierabend gehen wir in unserer Familie auf und versuchen unseren Kindern gerecht zu werden. Wir stellen uns selbst oft zurück, wenn es um Karriere, Kinder und Erfolge geht. Was dabei allerdings auf der Strecke bleibt ist oftmals das eigene ICH. Der Mauer Meister weiß, dass er sich seines eigenen Lebens bewusstwerden muss. Die Zeit auf Erden sinnvoll nutzen, mit dem Wissen, dass sie endlich ist. Er muss die Gesamtheit der Dinge erkennen und somit auch verstehen, dass der Tod ein Teil des Lebens ist. Erst dann kann er die Angst vor dem eigenen Ende überwinden.

Soviel zur Theorie!

Vor einigen Monaten hatte einer meiner Freunde mit Ende 20 einen Herzinfarkt. Er arbeitete viel, war in seiner Freizeit ein aktiver Sportler. Bei der Untersuchung im Krankenhaus wurde bei ihm ein angeborener Herzfehler festgestellt, den die Ärzte beheben wollten. Es war klar, welches Risiko diese Operation mit sich brachte. Doch H.N. sagte zu mir, dass er keine Angst vorm Sterben hätte und wenn es so passieren sollte, dann wäre es leider so. Er meinte, dass er oft meine Texte lese und sich viel Gedanken um das Leben und den Tod gemacht hätte. Er habe sein Leben gelebt, bewusst gelebt und bereue nichts. Ihm wurde klar, dass der Tod ein fester Bestandteil seines Lebens ist und rückblickend auf sein noch junges Leben meinte er, dass er alles getan habe, was er wollte. Mein Freund H.N. bat mich im Falle seines Ablebens, dass ich seinen Eltern und Freunden an der Beerdigung klarmachen sollte, dass sie nicht trauern, sondern ihn mit schönen Gedanken in Erinnerung behalten sollten, da er keine Angst hatte und es nun einmal der Lauf der Natur sei.

Für mich persönlich war es sehr schwer, diese Bitte abzuschlagen und so sagte ich es ihm zu. Ich darf abschließend sagen, dass die OP letztendlich gut verlief und er wohlauf ist. Dennoch denke ich oft über seine Bitte an mich nach.

Aber was habe ich selbst daraus gelernt? Es ist einfach, aber H.N. hatte recht. Wir müssen „einfach nur“ bewusst leben und das Leben auch genießen können. Sich einfach einmal treiben lassen und auch in dieser schnelllebigen Zeit stehen bleiben und durchatmen. Es ist nichts dabei, es kostet uns nichts, wir müssen es uns einfach vornehmen und damit beginnen…

Lass uns leben! Das Leben ist gar nicht so schwer!

Gewidmet meinem Freund H.N. (you know who you are)