Demut in Worte fassen!

„Wir müssen uns nicht lieben – Nicht in den Armen liegen

Doch wir können uns als Zeichen – Die Hände reichen…

Komm schon, komm schon – einfach drüberstehn´

Komm schon, komm schon – mit dem dritten Auge sehn’

Komm schon, komm schon – Demut in Worte fassen

Lerne zu verzeihen, anstatt zu hassen!

Der Kampf mit sich selbst, ist alles was bleibt

Dummheit schlägt und Feigheit schweigt!

Es wird Zeit und jeder kanns´ mit ein bisschen Toleranz“

(aus „Komm schon“ von Der W; Text und Musik: Stephan Weidner & Ruppert Keplinger)

Ich habe wirklich lange überlegt, ob ich einen Text über die Coronalage schreiben soll. Ich habe mich seit knapp 2 Jahren dagegen entschieden, doch ich denke nun wird es langsam Zeit, ein paar Zeilen darüber zu verlieren. Ich möchte dabei nicht den Zeigefinger erheben oder einzelne Personen und Personengruppen angreifen, aber ich möchte meine Meinung äußern.

Die Zeilen aus dem oben erwähnten Lied von Stephan Weidner gehen mir dabei nicht aus dem Kopf. Ich denke, dass „Demut“ ein sehr treffendes Wort ist, für das was wir hier alle erleben.

Seit nunmehr zwei Jahren ist unsere Erde nicht mehr die gleiche und wir müssen uns den neuen Herausforderungen stellen. Wir Menschen hielten uns immer für die Speerspitze der Evolution. Ein Wesen was sich durch nichts erschüttern lässt, welches Herausforderungen annimmt und diese auch bewerkstelligen kann. Doch seit einigen Monaten lehrt uns ein kleines Virus, dass wir Menschen nicht unangreifbar sind. Wir sind verwundbar als biologisches Wesen. Uns wurde deutlich gemacht, dass hier ein David über Goliath siegen kann. Demütig müssen wir hinnehmen, dass wir nicht für alle Herausforderungen optimal gewachsen sind. Ein kleines Virus legt unsere gesamte Weltwirtschaft lahm, unterbindet Lieferketten, zeigt uns die Fehler und die Folgen unserer globalen Wirtschaft auf und zwingt uns dazu neue Wege zu gehen. Plötzlich werden auch mal wieder Urlaubsziele im eigenen Land attraktiv. Die Welt ist im Wandel, es müssen neue Wege und Möglichkeiten gefunden werden, um unseren Alltag zu meistern.

Neue Regeln müssen aufgestellt werden und es gibt neue Forderungen, welchen binnen weniger Tage schon wieder obsolet sind. Was gestern galt, ist heute schon wieder anders und was morgen sein wird, können wir jetzt noch nicht abschätzen. Die Meinungen dazu könnten unterschiedlicher nicht sein. Man hat das Gefühl die Menschen entfremden sich, es wird ein Keil durch die Gesellschaft getrieben. Aber muss man das gleich so gravierend sehen? Wir stehen vor einer Herausforderung, welche wir nur gemeinsam lösen können. Bei manchen Dingen sollten wir versuchen drüber zu stehen, nicht zu viel Energie in unnütze Diskussionen stecken.

Natürlich sollte man und darf man seine Meinung vertreten, aber wir sollten immer daran denken, dass die Freiheit des Einzelnen dort endet , wo die Freiheit der Allgemeinheit eingeschränkt wird. Wir müssen lernen aufeinander zuzugehen, um diese neuen Herausforderungen gemeinsam zu bewerkstelligen. Hierbei wäre es fatal, bei solch einer Pandemie globalen Ausmaßes, unser Sichtfeld nicht über den Tellerrand hinaus zu bewegen. Wir müssen lernen weniger egoistisch zu denken und gemeinsam (sogar Kontinent übergreifend) als Menschheit das Kleine, uns massiv einschränkende Corona Virus zu bekämpfen. Auf Grund der sich rasant ausbreitenden Mutation des Virus, müssen wir uns der Pflicht als Industrienationen bewusst sein, dass wir auch weniger finanzstarke Länder unterstützen müssen, in ihrem Kampf gegen den Virus. Denn es ist auch unser gemeinsamer Kampf. Wir haben ein gemeinsames Ziel und können dies auch nur solidarisch lösen. Wir müssen das Patent des Impfstoffes freigeben, um alle Menschen Zugang zu ermöglichen, welche es wollen. Und somit eine Möglichkeit schaffen aus dieser Pandemie herauszukommen.

Trennen und Verbinden

Es wurden sicherlich Worte gesprochen, die verletzend waren. Es wurden Meinungen getauscht und wieder revidiert. Freundschaften und ganze Familien fielen den unterschiedlichen Ansichten zum Opfer. Aber sind es nicht gerade diese Menschen, welche wir gerne um uns herum haben? Eine Demokratie muss jede Art von Meinungen zulassen, auch wenn sie noch so unbequem sind oder aus persönlichen Ansichten einem falsch erscheinen. Gerade in diesen Zeiten ist es nicht leicht ein Freimaurer zu sein, da uns von Verschwörungstheoretikern und anderen Gruppen eine Schuld an dieser Situation gegeben wird. „Wie immer geht es den Freimaurern um eine neue Weltordnung“. Wenn man dann noch wie ich, mit offensichtlichen Zeichen und Symbolen unserer Bruderschaft auf dem Körper herumläuft, ist der Spaß sehr schnell vorbei und die Anfeindungen nehmen zu. Ich kann jeden Bruder und jede Schwester verstehen, welche sich in ihre Deckung zurückziehen. So unterschiedlich wir Freimaurer Corona und die Pandemie sehen, wie alle anderen Menschen auch, ist gerade der Aspekt der Weltherrschaft und einer neuen Weltordnung lächerlich. Wir schaffen es ja nicht mal eine einheitliche Stimme in dieser Situation zu finden.

Es gibt aber auch die Brüder, zu denen ich mich zähle, welche nach wie vor Aufklärung über unsere Bruderschaft betreiben möchten. Welche die Lügen und die Vorurteile widerlegen möchten. Wir Freimaurer sind nicht daran schuld, dass seit etwa 2 Jahren die Erde eine andere ist! Auch wir wünschen uns eine Rückkehr zur Normalität. Doch auch wir wissen nicht, wie diese zukünftig aussehen wird. Ich persönlich glaube nicht, dass wir zu einer Normalität zurückkehren werden, wie wir sie vor der Pandemie gekannt haben.

Eine neue Realität

Wir Menschen werden mit der nötigen Demut lernen müssen, dass es eine neue Realität und somit auch Normalität geben wird. Wir werden lernen müssen, mit dem Virus zu leben, wie wir es bereits mit Grippe oder ähnlichen anderen Viren machen. Wenn uns das Virus nicht mehr tötet, so haben wir schon viel erreicht. Wir können unser Umfeld und unsere Liebenden schützen, wie wir es jetzt bereits schon tun, mit all den Maßnahmen und Einschränkungen. Natürlich kann man darüber streiten und schimpfen, aber der Schutz der Allgemeinheit geht hier vor der Freiheit des Individuums. Natürlich muss keiner zum Impfen gezwungen werden, aber ich persönlich sehe es als meine freimaurerische Aufgabe an, mein Umfeld und meine Mitmenschen zu schützen. Ich habe mich für die Humanität und die Hilfe anderer entschlossen und darauf bei meiner Aufnahme mein Wort gegeben. Aber das kann natürlich jeder selbst und individuell entscheiden.

Positive Entwicklungen

Allerdings gab es auch einige positive Entwicklungen während der letzten zwei Jahre. Die Menschen sind sich bewusst geworden, das weltweite Lieferketten nicht der Weisheit letzter Schluss sind. Viele Menschen besinnen sich wieder auf lokale Produkte und heimische Erzeugnisse. Wir haben gelernt, das ist nicht immer darum gehen muss weit und möglichst noch weiter weg zu reisen. Wir haben angefangen unsere Heimat neu zu entdecken und dabei festgestellt, wie viele schöne Ecken wir bisher übersehen haben. Wir haben uns gegenseitig unterstützt und uns geholfen, wo die Hilfe am nötigsten war. Manch einer ist dabei über seinen eigenen Schatten gesprungen. Ja, die Einschränkungen sind nicht schön, aber sie haben es uns ermöglicht einen neuen Blickwinkel auf bereits Bekanntes zu entdecken.

Wir haben gelernt, wie schön das Gefühl von Freiheit ist. Wir haben unsere Freiheit in den Phasen sehr niedriger Inzidenzen neu schätzen und neu lieben gelernt. Nun wissen wir auch, für was unsere Vorfahren gekämpft haben. Einer der Grundpfeiler der Freimaurerei ist nach wie vor die Freiheit und für diese wollen wir uns auch weiterhin einsetzen. Aber nicht um jeden Preis, sondern in einem Rahmen, den diese Gemeinschaft auch ertragen kann. 

Selbst die einzelnen Logen und diese Bruderschaft, welche seit über 300 Jahren existiert, mussten sich in den letzten 2 Jahren neuen Herausforderungen stellen. Ein Spagat zwischen der Moderne und der Tradition. Nichts ist uns Freimaurern wichtiger als die Gemeinschaft untereinander, als der persönliche Austausch und die Bruderliebe/Schwesterliebe untereinander. Ritual und Tempelarbeiten, welche uns helfen unseren Geist zu fokussieren und unsere Batterien aufzutanken. All das gibt es nur in einer Präsenzveranstaltung. Doch nun mussten wir lernen, auch unsere Welt mit digitalen Medien und Möglichkeiten zu beschreiten. Das mag nicht für jeden Bruder oder jede Schwester der gangbare Weg sein. Aber es ist immerhin eine Möglichkeit, weiterhin eine Art Logenleben aufrechtzuerhalten und dabei uns und unsere Brüdern/Schwestern zu schützen. Gerade in der Freimaurerei finden wir einen hohen Anteil an älteren Mitgliedern, welche wir besonders schützen müssen. Wie schön ist es dann uns wieder persönlich zu sehen, wenn es die äußeren Umstände zulassen. So lernen wir neu, diesen persönlichen Umgang und das gemeinsame Miteinander wertzuschätzen. Natürlich wünschen wir uns alle, zu unserem bisher gewohnten Umgang in der Loge zurückzukehren.

Fazit

Manches müssen wir mit dem dritten Auge sehen, unseren Geist erweitern und neue Aspekte zu lassen. Sapere Aude! Der große Baumeister, Gott, Allah, Jehova oder das Spaghetti-Monster, ja die Mutter Natur hat einen Plan mit uns. Wir sind kein rauer Stein, sondern nur ein Staubkern auf diesem Bauplan. Aber es ist der Bauplan unseres Lebens. Wir können nun jammern und zetern und uns in Selbstmitleid und Depressionen versinken lassen, wir können aber auch anfangen zu akzeptieren zu lernen und neue Wege zu gehen.

Es gibt viele Meinungen zu diesem Thema und bestimmt viele berechtigte Einwände, aber das hier ist meine Meinung und diese wollte ich nach reichlicher Überlegung nun auch kundtun. Ich stelle mich der neuen Realität und den neuen Herausforderungen in meiner Zeit und versuche meine persönliche Freimauerei mit in diese Zeit hinüberzunehmen. Der oft von mir erwähnte Spagat zwischen der Tradition und der Moderne wird für viele sehr herausfordernd, herausfordernder als es manchen lieb ist. In über 300 Jahren hat die Freimaurerei sehr viel erreicht und sich immer wieder dem Zeitgeschehen anpassen müssen. So ist auch dieser Einschnitt eine neue Herausforderung für uns, welche die Brüdern und Schwestern sicherlich annehmen und Hand in Hand in eine neue Zukunft gehen werden.

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