Freimaurerische Zukunftsgespräche: Einige Thesen zur Zukunft der Freimaurerei

Am 06. Oktober 2018 fand im Logenhaus der Bauhütte „Minerva“ in Leipzig ein spannendes Zukunftsgespräch statt, in dessen Rahmen verschiedene aktuelle und substanzielle Themen zur Zukunft der Freimaurerei diskutiert und vertieft wurden. Bei allen Beiträgen ging es um die Bedeutung und Weiterentwicklung dieser Themen für die Freimaurerei. Der Themenraster wurde von Br.: Helmut Reinalter entwickelt, der auch im Anschluss an die Präsentation seines im Salier-Verlag erschienenen Buches über „ Die Zukunft der Freimaurerei“ auch das Gespräch leitete.

In Vorbereitung wurden die Teilnehmer gebeten, sich zu den vorgegebenen Themen Gedanken zu machen. Diese möchte ich mit euch in den kommenden Wochen gern teilen:

Freimaurerische Zukunftsgespräche: Einige Thesen zur Zukunft der Freimaurerei

 

Betrachten wir die Entwicklung innerhalb der deutschen Freimaurerei der letzten 10 Jahre, so müssen wir uns die Frage stellen, warum immer noch, dass vom damaligen Großmeister angestrebte Ziel, von 20.000 Brüdern vereinigt in der VGLvD, nicht erreicht werden konnte? Sicherlich werden nun einige anbringen, dass aufgrund der Altersstruktur viele ältere Brüder und Schwestern in den ewigen Osten vorausgegangen sind.

Warum ist es so schwer, in Zeiten der Massenkommunikation, der sozialen Medien und Printmedien die nötige öffentliche Aufmerksamkeit zu gewinnen? Warum sind wir nicht „attraktiv“ für jüngere Menschen? Warum werden wir immer noch als Geheimgesellschaft gehandelt?

Die Frage, die oft an mich herangetragen wird, ist die, ob Freimaurerei nicht „nur“ eine andere Religion ist. Da wird vom Großen Baumeister gesprochen, ja sogar von Gott, dann wiederum gibt es Rituale und Arbeiten, die wie Gottesdienste dem Profanen erscheinen. Dazu kommen die immer noch andauernden Diskussionen über die „wahre Freimaurerei“. Sei es mit religiös-christlicher Ausprägung oder eben humanistisch.

Die Zukunft kann nun finster sein, oder aber wir versuchen nach vorn zu sehen.

Wir müssen uns weit mehr öffnen für den Zeitgeist. Der mediale Präsenz im Internet muss der Deckung im angemessenen Maße weichen. Wir müssen die ethischen Grundlagen in den Vordergrund stellen und weniger einen pseudoreligiösen Zusammenhang. Die saubere Abtrennung der Freimaurerei zu einer Religion wird zwingend nötig sein, da gerade die jüngeren Menschen eher ohne einen Glaubensbezug aufwachsen. Die „offizielle“ Anerkennung von Atheisten darf nicht nur ein kleiner Bestandteil einiger Großlogen (wie beispielsweise der AFuAM) sein, sondern muss generell getroffen werden. Die Freimaurerei muss auf einer breiten Basis von Menschen stehen, nicht nur auf der von einigen.

Raus aus dem Schatten der Vergangenheit und der geheimen Gesellschaften, hin zu einem aktiven ethischen Bund, in dem wieder die brüderliche/schwesterliche Einheit aktiv gelebt wird. Die Mythen der Vergangenheit hinter sich lassen und den Spagat zur Moderne schaffen. Die „Tradition ist die Bewahrung des Feuers und nicht die Anbetung der Asche“, wie Gustav Mahler einst sagte.

Dazu kommt eben auch, dass es eine generelle Anerkennung der „Frauen-Großloge“ geben muss. Die Meinung einiger Brüder, dass durch sie, die „Tempel entweiht werden“ oder dass „sie niemals die königliche Kunst erlangen werden“, sind weder zeitgemäß noch moralisch vertretbar und schon gleich gar nicht freimaurerisch. Die Arbeit am Tempel der Humanität setzt eine brüderlichen bzw. schwesterlichen Schulterschluss voraus. Gemeinsame Treffen wie dieses und auch gemeinsame Arbeiten können die Kluft überwinden und uns alle dem Ziel näherbringen.

Die Arbeit des Freimaurers muss sich wieder auf die Grundprinzipien der Freimaurerei stellen. Toleranz, Brüderlichkeit/Schwesterlichkeit, Freiheit, Gleichheit und Humanität dürfen keine hohle Phrase sein, sondern müssen mit dem Leben gefüllt werden, welche diesen Bund vor Jahren so sehr gestärkt haben und wieder stärken werden.

Auch wenn ich den Bau am Tempel der Humanität nicht per se als einen Aufruf zur politischen Arbeit verstehe, so sehe ich es dennoch als eine Art „Arbeit an der Gesellschaft“. Diese kann durchaus auch politischer Art sein. Auch ein Freimaurer muss sich hier engagieren können und politisch tätig sein. Zumindest ein mündiger Bürger, der auch von seinem Wahlrecht Gebrauch macht. Es ist leider inzwischen so geworden, dass viele Freimaurer die Alten Pflichten als ein festes und unüberwindbares Gesetz ansehen. Genau hier müssen wir differenzieren und diese Regeln der Zeit anpassen. Ich stimme hier Br. Günter zu, dass wir uns aus diesem reinen „Vereinsgehabe“ rausbewegen müssen, hin zu einer modernen Form der Freimaurerei. Aber nicht mal die Idee der Erörterung politischer Fragen in den Logen ist neu. Der F.z.a.S. hatte schon in seiner „programmatische Erklärungen des Reformfreimaurerbundes“ im Jahre 1930 diese Überlegung angestellt und den Brüdern ans Herz gelegt:

„Zulassung der Erörterung auch politischer und religiöser Fragen im Tempel: denn ihre Ausschaltung zeugt von mangelndem Vertrauen zur freimaurerischen Idee, die ja das gesamte persönliche und gemeinschaftliche Leben durchdringen und gestalten soll; es entsteht zugleich die Gefahr einer leeren Schönrednerei ohne fruchtbringende Wirkung für den Menschheitsbau.“

Noch immer also beschäftigt sich die Freimaurerei mit ihren Vereinen und deren Streitigkeiten, anstatt an der großartigen Idee, welche unsere Gründerväter formulierten, zu arbeiten. Wir sind eingeengt von Dogmen und Restriktionen, die wir uns selbst auferlegen, weil wir den Zeitgeist nicht erkennen oder uns nicht zeitgemäß anpassen wollen. Wir müssten uns gerade in diesen politisch eher schweren Zeiten mit Wirtschaftskrise, Flüchtlingswelle und politisch instabilen Regionen auf dem Globus, positionieren und dies ggf. auch in der Öffentlichkeit tun und aufhören, uns mit uns selbst zu beschäftigen. Eine aktive Arbeit am Tempelbau ist gefragt und nicht ein bloßes Schönreden und Wegsehen, wenn es einen selbst nicht betrifft. Nicht im Kreis um sich selbst drehen, sondern aktiv eine helfende Hand reichen.